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Raynaud-Syndrom: Plötzlich weiße, eisige, verfärbte Finger bei Kälte oder Stress.
Raynaud-Syndrom Gefäßregulation als Ursachen für kalte Hände
Oft genügt schon der Griff um eine eisgekühlte Flasche – und die Kälte fährt schmerzlich in Finger und Hände, manchmal auch in die Zehen. Die Gefäßreaktion schießt beim Raynaud-Syndrom über das normale Maß hinaus. Die Fingerarterien ziehen sich abrupt zusammen, das Blut entweicht, die Haut wird blass und blau. Der Gefäßkrampf kann bis zu einer halben Stunde anhalten. Strömt das Blut wieder zurück in die Finger, röten sich diese oft und schmerzen. Neben Kälte können auch heftige Gefühlsregungen oder Stress solche Attacken auslösen.
Beim primären Raynaud-Syndrom sind die Ursachen weitgehend ungeklärt. Überwiegend erkranken junge Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren daran. Oft haben sie auch niedrigen Blutdruck. Die Durchblutungsstörung ist dann zwar unangenehm, aber nicht bedrohlich. Die Symptome gehen mit fortschreitendem Alter meist zurück.
Die zweite Form, das sekundäre Raynaud-Syndrom, tritt infolge einer anderen Erkrankung oder Schädigung auf. Sie betrifft dann auch ältere Menschen und ist auf beide Geschlechter gleich verteilt. Den Gefäßkrämpfen können Autoimmunerkrankungen zugrunde liegen, etwa entzündliches Rheuma oder Bindegewebserkrankungen wie eine Sklerodermie und andere (siehe unten). Auch neurologische Krankheiten wie die multiple Sklerose, Nervenentzündungen, Nervenschäden im Handbereich, zum Beispiel ein Karpaltunnelsyndrom, kommen infrage. Weitere Ursachen sind manchmal Gefäßerkrankungen, etwa eine Thrombangiitis obliterans (siehe dazu Kapitel "Ursachen: Blutdruck, Gefäße").
Verantwortlich für ein sekundäres Raynaud-Syndrom sind zudem berufsbedingte Schäden. Am sogenannten Vibrationssyndrom können Menschen leiden, die jahrelang mit stark vibrierenden Geräten gearbeitet haben, etwa mit Presslufthämmern, Kettensägen und ähnlichem.
Drogenkonsum, die Wirkung von giftigen Stoffen, unter anderem aus Schwermetallen, Düngemitteln oder Pilzen, führen mitunter zu Raynaudsymptomen. Das gilt auch für einige Medikamente wie Bluthochdruckmittel, etwa Betablocker, oder Migränemittel wie Ergotamine. Letztere sind jedoch inzwischen weitgehend verboten. Darüber hinaus können abschwellende Substanzen (zum Beispiel Phenylephrin) in Schnupfenmitteln oder manche Medikamente zur Chemotherapie ein Raynaud-Syndrom auslösen.
Symptome: Bei Kälte, Nässe, psychischen Belastungen oder Stress werden die Finger, mit Ausnahme des Daumens, und Hände, manchmal auch die Zehen, kalt und blass. Sie schmerzen oft, verfärben sich blau und schließlich rot. Taubheitsgefühle können dazukommen. Beim primären Raynaud-Syndrom sind beide Seiten betroffen. Es bleiben aber keine Gewebeschäden an den Händen zurück.
Beim sekundären Raynaud-Syndrom reagiert meist nur die Hand auf einer Seite. Es können sich chronische Schmerzen und Hautschäden an Fingern oder Zehen entwickeln.
Diagnose: Nach den Beschwerden und der Krankengeschichte geben bestimmte Tests an Fingern und Händen, zum Beispiel ein Faustschlusstest und ein Kälteprovokationstest, erste Hinweise. Darüber hinaus kann der Arzt mit geeigneten apparativen Verfahren die Pulsschläge in den Fingern aufzeichnen und den Blutdruck in den Armen messen. Wichtige Untersuchungen sind für den Arzt die Kapillarmikroskopie, Ultraschallaufnahmen der versorgenden Arterien und je nach Verdacht auch eine Magnetresonanzangiografie (siehe Kapitel "Diagnose"). Mit Bluttests und gegebenenfalls weiteren Organuntersuchungen geht der Arzt möglichen Grunderkrankungen nach. Ebenso schließt er durch entsprechende Untersuchungen andere Gefäßerkrankungen aus.
Therapie: Den Gefäßkrämpfen vorbeugen kann ein konsequenter Schutz vor Kälte und Nässe. Dicke Handschuhe und Socken, spezielle Taschenwärmer, Mützen und Schals helfen dabei. Rauchen ist absolut tabu für jeden, der an einer Gefäßstörung leidet. Auch das Arbeiten mit vibrierenden Geräten sollten Betroffene meiden. Regelmäßige Bewegung regt die Durchblutung an (Vorsicht: keine Sportarten, die die Hände stärker belasten).
Gezielt entspannen, zum Beispiel mit autogenem Training, und Stressabbau sind weitere grundlegende Maßnahmen.
Bei sehr starken Beschwerden setzen die Ärzte manchmal beim primären Raynaud-Syndrom gefäßerweiternde Medikamente ein, etwa in Form von Salben oder in schweren Fällen als Infusionen. Ob Kalziumantagonisten angezeigt sind, entscheidet der Arzt im Einzelfall, da diese Medikamente den oft schon niedrigen Blutdruck vieler Patientinnen noch zusätzlich senken können.
Beim sekundären Raynaud-Syndrom richtet sich die Therapie immer nach der Grunderkrankung.
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– Akrozyanose (Rot-Blau-Sucht): Kalte, blaurote Finger
Auch an dieser Gefäßstörung in den Fingern, bisweilen in den Zehen, leiden vorwiegend junge Frauen, die meist einen niedrigen Blutdruck haben. Verantwortlich sind hormonelle Einflüsse und Fehlsteuerungen im vegetativen Nervensystem. Das vegetative Nervensystem mit seinem sympathischen und parasympathischen Anteil sowie bekannten Nervenbotenstoffen wie Adrenalin und vor allem Noradrenalin steuert neben anderen wichtigen Mechanismen die Gefäßregulation. Über diese stellen sich die Gefäße je nach Bedarf vorübergehend weit oder eng. Damit wird der Blutdruck entsprechend angepasst und die Durchblutung aller Organe und Gewebe in unterschiedlichen Situationen gewährleistet, etwa bei Kälte. Dabei kann es zu Störungen kommen wie bei der Akrozyanose, bei der die Gefäßspannung zu hoch ist.
Risikofaktoren sind Rauchen sowie mitunter Medikamente gegen Bluthochdruck, sogenannte Betarezeptorenblocker. Auch wer viel mit den Händen in nass-kalter Umgebung arbeitet, kann dazu neigen. Die Störung vergeht oft im Laufe der Jahre vollständig. Manche Frauen haben nach den Wechseljahren wieder erneut Symptome.
Symptome: Die Finger, manchmal die Zehen, werden blaurot, sind kalt, kälteempfindlich und oft feucht. Sie schmerzen in der Regel nicht. Die Beschwerden können bei Kälte und Nässe stärker werden, treten aber nicht anfallsartig auf. Seltener sind auch Nase, Ohren, Wangen, Unterarme und Unterschenkel von den Veränderungen betroffen. Die Verfärbungen gehen zurück, wenn man darauf drückt. Nimmt man den Druck weg, bauen sich die Flecken wieder von außen nach innen auf.
Diagnose und Therapie: Aufschlussreich für den Arzt sind die typischen Symptome sowie die Krankengeschichte. Untersuchungen der betroffenen Stellen und des Zustands der Gefäße, zum Beispiel mit einer Kapillarmikroskopie, festigen die Diagnose und helfen, andere Gefäßerkrankungen auszuschließen.
Die Therapie besteht in erster Linie darin, schädigende Auslöser zu meiden. Das bedeutet vor allem, das Rauchen endgültig aufzugeben und sich vor Kälte und Nässe zu schützen. Regelmäßige Bewegung regt die Durchblutung an und wirkt einem Blutniederdruck entgegen. Gegebenenfalls verschreibt der Arzt auch durchblutungsfördernde Salben.
– Frostbeulen (Pernionen)
Kalte Hände, übermäßige Kälteempfindlichkeit und Hautveränderungen bei Kälteeinwirkung können noch bei anderen Störungen der Gefäßregulation auftreten. Dazu gehören die als Frostbeulen bekannten Pernionen. Es handelt sich dabei nicht um Erfrierungen. Pernionen können entstehen, wenn Hände und Füße länger Kälte und Feuchtigkeit ausgesetzt sind, aber auch, wenn es nur mäßig kalt ist. Sie treten insbesondere von Herbst bis Frühjahr auf. Risikofaktoren sind unter anderem Rauchen, ein schon bestehendes Raynaud-Syndrom, Untergewicht und Durchblutungsstörungen. Frauen haben häufiger damit zu tun, ebenso Menschen, die vermehrt in kalt-nasser Umgebung arbeiten.
Symptome: Es bilden sich rötlich-bläuliche bis braunrote entzündliche Stellen meist auf dem Hand- oder Fußrücken. Die veränderten Hautstellen können anschwellen, schmerzen und Geschwüre bilden.
Diagnose und Therapie: Die Art der Beschwerden, ihr jahreszeitlicher Bezug sowie die Lebensumstände des Patienten geben dem Arzt entscheidende Hinweise. Mit geeigneten Untersuchungen wird er möglicherweise andere Hautveränderungen ausschließen.
Bei Pernionen besteht die Therapie in erster Linie in Kälteschutz, Wärme und eventuell in durchblutungsfördernden, mitunter auch entzündungshemmenden Salben.
Kalte Hände bei Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen), bei Autoimmunerkrankungen
Ein sekundäres Raynaud-Syndrom (siehe oben) kann sich im Verlauf bestimmter Kollagenosen einstellen. Diese entzündlichen Erkrankungen des Bindegewebes erfassen in unterschiedlicher Weise viele Körperbereiche. Das können innere Organe, Gelenke, Gefäße und die Haut sein.
– Sklerodermie
Bei der Sklerodermie wird das Bindegewebe aufgrund entzündlicher Vorgänge dicker, die Gefäße verengen sich, die Durchblutung ist gestört. Die Folgen zeigen sich häufig zuerst in Fingern und Händen, dann im Gesicht.
Symptome: Finger und Hände schwellen an, sind morgens steif. Neben dem anfallsartigen Raynaud-Syndrom mit kalten, erst blassen, schmerzenden, dann bläulich und schließlich rot verfärbten Fingern stellt sich oft noch ein Karpaltunnelsyndrom ein. Muskelschwäche und Gewichtsabnahme können zusätzliche unspezifische Zeichen sein. Die Gesichtshaut wird zunehmend straff und starr. Die Erstarrung der Gewebe kann sich bei einer bestimmten Form der Sklerodermie schließlich auf die inneren Organe ausdehnen.
Mehr zu Ursachen, Diagnose und Therapie finden Sie im Ratgeber "Systemische Sklerodermie".
– Sjögren-Syndrom
Diese Kollagenose ist eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen. Hier sind Speichel- und Tränendrüsen dauerhaft entzündet. Manchmal erkranken noch weitere Drüsen. Ein Sjögren-Syndrom kann aus ungeklärten Gründen entstehen oder sich infolge einer anderen Bindegewebserkrankung, einer rheumatoiden Arthritis (siehe unten) oder einer Leberentzündung entwickeln.
Symptome: Kennzeichnend sind trockene Augen und ein trockener Mund. Dazu treten Zahnprobleme, Gelenkbeschwerden sowie manchmal Husten und Heiserkeit auf. Möglich sind unter anderem Gefäßkrämpfe mit kalten, sich verfärbenden Fingern und Händen, außerdem Magen-Darm-Probleme, Müdigkeit.
Lesen Sie mehr zu Ursachen, Symptomen, Diagnose und Therapie im Ratgeber "Sjögren-Syndrom".
– Sharp-Syndrom
Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Mischkollagenose, die die Krankheitszeichen verschiedener Bindegewebs- und Autoimmunerkrankungen aufweist.
Symptome: Zu den typischen Symptomen gehört ein Raynaud-Syndrom. Dazu kommen oft Schwellungen an den Händen sowie Hautverhärtungen an den Fingern. Gelenkschmerzen, Muskel- und Gefäßentzündungen sind weitere Beschwerden.
Diagnose und Therapie: Ein bestimmter Antikörper im Blut und spezielle Ablagerungen im Hautgewebe, die der Arzt mit Labortests beziehungsweise einer feingeweblichen Untersuchung feststellen kann, geben Aufschluss.
Die Therapie zielt darauf ab, die Beschwerden in den betroffenen Körperbereichen einzudämmen. Mitunter setzen die Ärzte auch Medikamente ein, die das Immunsystem unterdrücken. Die Erkrankung verläuft häufig milde, sofern sie nicht in eine Sklerodermie (siehe oben) oder eine weitere Kollagenose, den systemischen Lupus erythematodes, mündet.
– Polymyositis und Dermatomyositis
Als Ursachen für diese seltenen entzündlichen Muskelerkrankungen kommen wahrscheinlich Autoimmunreaktionen infrage.
Symptome: Kennzeichnend sind eine fortschreitende Muskelschwäche insbesondere im Becken- und Schulter-Nacken-Bereich, sowie Hautveränderungen vor allem im Gesicht und an den Händen (Dermatomyositis). Dazu kommen manchmal ein Raynaud-Syndrom, ein allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber sowie Muskel- und Gelenkschmerzen.
Erfahren Sie mehr zu Diagnose und Therapie im Ratgeber "Dermatomyositis (Lilakrankheit)".
– Polyarteriitis nodosa
Eine weitere Gruppe von Autoimmunerkrankungen stellen entzündliche Gefäßerkrankungen dar, sogenannte Vaskulitiden. Dazu gehört die seltene Panarteriitis oder Polyarteriitis nodosa. Hier entzünden sich mittlere und kleine Arterien. Dadurch können die Gefäßwände sowie umliegendes Gewebe zugrundegehen. Bisweilen liegt eine Hepatitis-B-Infektion zugrunde.
Symptome: Neben kennzeichnenden Leitsymptomen wie Muskel- und Gelenkschmerzen, Nachtschweiß, Fieber, Gewichtsverlust, Hodenschmerzen, Bauchschmerzen sowie eventuell Herzbeschwerden kann diese Erkrankung auch ein Raynaud-Syndrom aufweisen.
Diagnose und Therapie: Mit Hilfe von Laboranalysen, Aufnahmen betroffener Arterien sowie feingeweblicher Untersuchungen von Muskel- und Hautgewebeproben stellt der Arzt die Erkrankung fest.
Je nach Diagnose behandeln die Ärzte mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, und mit Kortison. Besteht gleichzeitig eine Hepatitiserkrankung, kommen möglicherweise auch antivirale Mittel und weitere Therapien zum Einsatz.
– Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis)
Unter den weit mehr als 100 rheumatischen Erkrankungen ist diese chronisch verlaufende Gelenkentzündung die häufigste. Sie erfasst die Gelenkinnenhaut, Sehnenscheiden und Schleimbeutel.
Symptome: Zu den Frühsymptomen zählen auch Durchblutungsstörungen einzelner Finger, die Kältegefühle auslösen können. Auffallend sind Gelenkschmerzen an Fingern und Händen oder Zehen, morgendliche Steifigkeit, die länger als eine halbe Stunde dauert, Schwellungen und Knotenbildung, brüchige und verfärbte Nägel. Weitere erste Anzeichen sind häufig Allgemeinsymptome wie Muskelschmerzen, leicht erhöhte Temperatur, Nachtschweiß, Abgeschlagenheit.
Ausführliche Informationen zu Ursachen, Diagnose und Therapie gibt der Ratgeber "Rheumatoide Arthritis".
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